Internationale Jugendbegegnung des Bundestages 2020
25. Feb 2020
Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
Für den pax christi-Regionalverband der Bistümer Osnabrück und Hamburg konnte in diesem Jahr Anouk Vermeulen an der Internationalen Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus teilnehmen. Ihre beeindruckenden Erlebnisse und Erfahrungen - insbesondere der Besuch der KZ-Gedenkstätte Auschwitz - schildert sie nachfolgend.
6 Tage hatte ich durch die
Organisation pax christi die Chance, an der internationalen
Jugendbegegnung des deutschen Bundestages anlässlich des Gedenkens an die Opfer
des Nationalsozialismus zum Thema ,,75. Jahrestag der Befreiung des
Konzentrationslagers Auschwitz“ teilzunehmen. Die 60 jungen Erwachsene, die
sich alle in irgendeiner Form gegen Rassismus oder Antisemitismus engagieren,
kamen hierbei aus 13 verschiedenen Ländern, sodass es zu äußerst interessanten
Konversationen während dieser Tage kam.
Unsere Reise startete somit mit dem Aufbruch nach Polen, um dort das Konzentrationslager Auschwitz sowie Auschwitz-Birkenau zu besuchen und sich tiefgreifend damit zu befassen. Wir alle hatten zunächst Respekt vor dem Besuch und fürchteten, dass unsere Emotionen uns überwältigen würden, freuten uns aber auch auf diese neuen Erfahrungen und Kenntnisse. Während des Besuches war jeder von uns ein wenig für sich allein und hatte dadurch, dass wir die Führung über Kopfhörer verfolgen konnten, die Möglichkeit, sich voll und ganz auf den Ort einzulassen und die Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Das Schrecklichste für mich persönlich war, die Haare und persönlichen Gegenstände sowie die Aufnahmefotos der Häftlinge zu sehen. Ein quälenderes Gefühl, wenn man in ein Krematorium hineingeht, in dem tausende Menschen ermordet wurden, gibt es nicht. Wenn einem zudem die unterschiedlichsten Foltermethoden und Kammern gezeigt werden, kann man die Absurdität und Surrealität, die man verspürt, nicht in Worte fassen. Glaubt man nun, schlimmer kann es nicht mehr werden, hat man sich getäuscht, denn Auschwitz-Birkenau setzt nochmal einen drauf. Während es im Stammlager ein Krematorium gab, gab es in Auschwitz-Birkenau fünf. Man kommt auf das Gelände und sieht kein Ende. Wenn man dann hört, dass die Nazis Auschwitz-Birkenau nochmal um die gleiche Größe hätten erweitern wollen, kann man sich die Größe, die es noch hätte angenommen, nicht vorstellen. Ich habe immer versucht, mir vorzustellen, wie es damals ausgesehen haben muss und wie die Atmosphäre im Lager und in den Baracken, sowohl unter den Häftlingen als auch unter den Wächtern, gewesen sein muss, aber es war mir unmöglich. Dennoch kann ein Geschichtsbuch oder ein Film niemals die Erfahrungen und Eindrücke ersetzen, die man während eines echten Besuches des Konzentrationslagers macht. Dieser Besuch war essenziell, um vorherige Vorstellungen zu vervollständigen und greifbarer zu machen. Erschreckend fand ich allerdings, dass Auschwitz-Birkenau immer mehr zu kommerziellen Zwecken genutzt wird und zu einer Art Touristenattraktion wird, die zunehmend mit Vandalismus zu kämpfen hat. Menschen scheinen den Respekt und das Verständnis für diesen Massenfriedhof zu verlieren. Denn scheinbar scheint es für manche als legitim, sich in den Wänden der Baracken durch das Einritzen ihres Namens zu verewigen oder auf den Gleisen für ein Foto zu posieren. Diese Entwicklung finde ich erschreckend und bedenkenswert. Solch ein Ort sollte allein aus Respekt den Opfern gegenüber nicht kommerzialisiert werden. Dass wir dann an der offiziellen Gedenkfeier, die im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau stattfand, teilnehmen durften, war auf jeden Fall ein Highlight. Die Reden der Überlebenden waren sehr prägend und eindrucksvoll. ,,Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen“, formulierte Marian Turski. Wir müssen schon auf die kleinen Prozesse, wie der Vorfall in Hanau oder die Thüringenwahl achten, denn diese sind damals ausschlaggebend für das gewesen, was in Auschwitz passiert ist und haben Auschwitz erst möglich gemacht. Es liegt nun an uns, dass wir den Ausspruch ,,never again“ allgegenwärtig machen. Abschließend durften wir auch noch an der Gedenkfeier im Bundestag und an einer Podiumsdiskussion mit Bundestagspräsident Schäuble, Bundespräsident Steinmeier und dem israelischen Staatspräsident Rivlin teilnehmen, wobei für mich der krönende Abschluss darin bestand, dass ich die Eingangsfrage stellen durfte.
Anouk Vermeulen